Im Juli 1996 fand die zwanzigste Cambridge University Caving Club Expedition ins Tote Gebirge, Österreich statt. Seit 1988 haben sich diese Unternehmungen auf das zunehmend komplexe System der Kaninchenhöhle konzentriert, deren Länge zu Beginn der Expedition 14,3 km aufwies. Gegen Ende der 1995er Tour fanden einige wichtige Durchbrüche statt. Da war die überraschende Entdeckung eines wichtigen horizontalen Gangsystems ("Triassic Park") mit über 50 Fortsetzungen und ein neuer, tieferer Eingang, der von innen her gefunden wurde. Die anderen wichtigen Fortsetzungen befinden sich am südlichen Ende der Höhle, wobei hier alle Gänge an einer Verwerfung unterbrochen werden. Dies ist sehr ärgerlich, weil das 970 Meter tiefe System der Stellerweghöhle nur knapp einen Kilometer südlich davon liegt. Diese südliche Grenze wurde 1995 über einen ekligen Blockversturz ("Stairway to Hell") bezwungen, wobei anschließend großräumige Gänge entdeckt werden konnten ("Forbidden Land"). Die Gefährlichkeit des Versturzes war jedoch für alle Grund genug, ihn nie wieder zu durchschreiten. Für diesen Versturz eine Umgehung zu finden war ein Hauptziel der 96er Tour.
Mit diesen motivierenden Aussichten war der Enthusiasmus groß wie lange nicht mehr und 40 Höhlenforscher fanden den Weg nach Österreich, wodurch diese Expedition die bisher größte des CUCC wurde. Am 28. Juni trafen die ersten beim Gasthof Staud'nwirt bei Bad Aussee ein. Die erste Aufgabe war, einen einfachen Zustieg zum neuen Eingang 161d ("Scarface entrance") zu finden, der den Vorteil hatte, einen besseren Zugang zu den meisten Fortsetzungen zu bieten, jedoch den Nachteil besaß, mitten in einer Steilwand zu liegen. Dies wurde jedoch überraschend einfach gelöst, und mittels Hilfe einiger Führungsleinen war ein guter Zustieg möglich und die Forscherei konnte beginnen.
An seinem nördlichen Ende teilt sich der "Triassic Park" in 2 Hauptäste am "Trifurcation". Einer dieser Äste wurde bis zu einem 10m Kletteraufstieg - "Bugger"- erkundet, der ohne Ausrüstung nicht zu bezwingen war. Dies war einer der erfolgversprechendsten Fortsetzungen in der Höhle und wurde beim zweiten Anlauf erfolgreich bezwungen. Unsere Hoffnung, danach kilometerlange Eisenbahntunnel zu finden, erfüllten sich trotzdem nicht, denn der Gang wurde recht klein. Allerdings gab es auch einen 80 Meter Schacht, der befahren und "Henri's Cat" genannt wurde. Er führt weiter zu einem 36m und einem weiteren 60m Schacht, bevor er in einem Blockgewirr endet. Das Ende dieser Schachtkombination liegt sehr nahe beim Ende der "Flat Battery series", die 1990 gefunden wurden.
Der andere Hauptast endete in einem kleinen Schacht, "Minoan Surprise", sehr nahe an "Knossos", der größten Halle der Kaninchenhöhle. Diese Verbindung wurde vielleicht hergestellt und würde eine viel einfachere Erreichbarkeit der zahlreichen Fortsetzungen im nördlichen Bereich erlauben, die seit 1993 nicht mehr aufgesucht wurden. Aufgrund der zahlreichen einfachen Fortsetzungen im "Triassic Park" wurde diese Verbindung 1996 nicht benutzt.
Der Anfang dieses Abschnitts wurde am ersten Höhlentag von einer Gruppe gefunden, die "Bugger" nicht finden konnte. Sie versuchten eine horizontale Fortsetzung östlich vom "Triassic Park" in der Nähe von "Ring Piece Junction" aufzusuchen, fanden und vermassen 300m Neuland mit einigen weiteren Fortsetzungen. Eine spätere Gruppe suchte diesen Bereich mit den Anweisungen, die Vermessung hier zu vervollständigen ("Es sind nur noch ein paar Meßzüge") nochmals auf und fanden 2 km horizontale Gänge.
Die "Puerile Humour Series" erwies sich als verzweigtes Netz von kleinen phreatischen Röhren (3m Durchmesser), welches den Hauptgang des "Triassic Park" umgibt. Die Hauptstrecke teilt sich 500m vom "Triassic Park" entfernt. Der westliche Ast, "Where the wind blows", endet nach 170m in einem Blockversturz mit Luftzug. Interessanterweise ist das Ende dieses Ganges etwa 100m östlich und 40m nördlich dem bisher nordöstlichen Abschnittes der Höhle. Es gibt nicht viele gute Fortsetzungsmöglichkeiten hier, aber die, die da sind, sind es wert, 1997 genauer untersucht zu werden, denn es würde einen noch einfacheren Zugang zum nördlichen Ende der Höhle bedeuten als die neue Strecke zum "Knossos".
Der östliche Ast wird schnell sehr kompliziert. Eine Kammer mit 5 Ausgängen mit dem inspirierenden Namen "Five Ways Chamber" ist die entscheidende Stelle. Der nördliche Gang führt zum "Bounce Rift", einer 6m tiefen Spalte, die senkrecht zum Hauptgang verläuft, während östlich der Kammer der Bereich von "Completely Loopy" beginnt, einem Kaninchenbau ähnlichen Ganggewirr. An etlichen Stellen ist merklicher Luftzug vorhanden. An einem Tag ging eine Gruppe los, um hinter dem "Bounce Rift" zu forschen, während eine zweite Gruppe selbiges im "Completely Loopy" vorhatte. Die erste Gruppe fand eine 3m messende, phreatische Röhre, die ärgerlicherweise nach 80m von einem bewetterten Versturz verschlossen wurde. Es wurde als aussichtsreich genug erachtet, eine kurze Grabung zu riskieren, und nach 45min. kam man auf der Bergflanke an. 161e erhielt den Namen "Yorkshire Pudding" Eingang, weil der Autor dieses Artikels (A. Day) nicht durchpaßte, bevor nicht einige weitere Blöcke beseitigt wurden. Zehn Minuten danach erschien die zweite Gruppe durch den zweiten neuen Eingang des Tages (161f), 100m entfernt am gleichen Hügel, weil sie vom "Completely Loopy" einem ähnlichen Luftzug gefolgt waren. 161e und 161f sind etwa 25 höher und 500m nördlicher als 161d. Der Zugang wird durch keinen entscheidend verbessert, denn beide Eingänge leiden am gleichen Problem wie 161d, denn sie sind schlecht erreichbar.
Nördlich von 161e ist "Iceland", das ähnlich bewettert ist und einige Eisformationen enthält, die ersten in der Kaninchenhöhle gefundenen und hochwillkommen in einer Höhle, die ansonsten bar jeglicher ästhetischer Schönheiten ist. Es gibt etwa 40 unerforschte Fragezeichen in den "Puerile Humour Series" und "Iceland", etliche davon sehr vielversprechend.
Es gibt einen vierten, kleineren Weg von "Trifurcation", der zur den "Interview Blues Series" führt, so genannt, weil einer der ersten Erforscher nach einem Trip nach England zurück musste, um ein Interview zu geben. Ein 25m Eingangsschacht und zwei kleinere Schächte führen in der gleichen Spalten in die Tiefe. Mit der Erfahrung etlicher Jahre, daß derartige Spalten eigentlich immer zu schmal werden, erwartete keiner eine erwähnenswerte Fortsetzung. Trotzdem wurde es bis zum Schluß unserer Tour über 10 Schächte 250m tief und ist nun der dritttiefste Punkt der Höhle.
Am Fuß des 4. Schachtes kann man wählen: weiter den eindrucksvollen 55m Schacht ("Application for Life"), oder südlich eine Kluftpassage, die in einen großen Schacht (incl. Kamin) überleitet. Während der Schacht eingerichtet wurde erschien ein Höhlenforscher am oberen Ende des Kamins und es zeigte sich, daß es sich hierbei um einen unbefahrenen Schacht in "Minoan Surprise" handelte. Um den Schacht wurde eine Traverse eingebaut, die zu einem zweiten Schacht führte, in den abgefahren werden konnte. Er endete in der gleichen Kammer, die mittels eines anderen Schachts vom "Minoan Surprise" erreichbar ist, dem "Bottomless Pit of Eternal Chaos", 79m tief.
Während die Schächte meist trocken und großräumig sind, kann das nicht von den sie verbindenden Passagen gesagt werden. Sie sind meist 50 cm hoch und mit Lehm angefüllt, was eine Tour zum Ende von "Interview Blues" zu einer recht üblen Sache macht. Trotzdem, man gewöhnt sich mit zunehmender Tiefe daran und der 40m tiefe, zehnte Schacht endet in einer geräumigen Kammer mit einem halben Dutzend Fortsetzungen. Obwohl einige recht feucht und ungastlich beim einzigen Besuch dieser Gegend waren (während einer Schlechtwetterperiode), gibt es die Hoffnung, hier tiefer zu kommen, und dies wird 1997 sicher versucht werden.
Während alle bisher beschriebenen Gänge in der Umgebung des "Triassic Park" gefunden wurden, gab es auch verschiedenste Versuche, einen alternativen Weg ins "Forbidden Land" zu finden, indem jedes Fragezeichen in den Süden systematisch bearbeitet wurde. So wurde eine steile Kletterstelle in einem Eck von "Staud'nwirt Palace" weiter erklettert, wie normalerweise üblich, um schließlich verblockt zu enden. Einige Höfos bearbeiteten eine interessante Stelle in "Zombie Slime", wo an einem zu engen Schacht aufgegeben werden mußte. Etliche weitere Stellen, vor allem Schlüfe, wurden bearbeitet, sie waren jedoch letztlich alle zu eng oder verstürzt. Schließlich waren alle Fortsetzungen in dieser Gegend bis auf eine bearbeitet, und dies war eben "Stairway to Hell". Also machten sich alle diejenigen, die vorher gesagt hatten, nie wieder hier durchgehen zu wollen, auf, diesen Teil wieder zu betreten, diesmal allerdings mit Messzeug.
1995 war der Gang nach dem Versturz als einseitig stabil beschrieben; die andere Wand sei zerbrochen. Das Ganze entpuppte sich jedoch als ein großer, mit Versturzblöcken angefüllter Spaltenraum, 90m x 30m, der "Hall of the Mounting Choss" genannt wurde. Eine phreatische Röhre, das "Pump House", geht von dort in der Süden; sie hat eine ähnliche Größe und Orientierung wie die Röhren, die in "France" 1994 gefunden wurden, jedoch beträchtlich höher, weshalb man annahm, die hypothetische Verwerfung überwunden zu haben. Der große Gang führt weiter Südwest zum "Elin Algor", wo er in einem großen, unbefahrenen Schacht/Kamin endet, und "Tirolia Werke", ein mehr westlich orientierter Gang, der einige phreatische Rampen enthält (Die große Namensgebung für diese Passagen resultierten aus einer totalen Ideenlosigkeit der Vermesser dieser Teile: Elin Algor ist der Name des Kühlschranks in der Basishütte, und Tirolia Werke ist der Name des Ofens).
Der Nutzen eines Computers vor Ort (in Österreich) mit Survex drauf wurde abermals unter Beweis gestellt; als nämlich die Vermessung dieses Teils der Höhle eingegeben war, stellte sich heraus, daß er sehr nahe einer anderen Höhle des CUCC war, dem Steinschlagschacht, welcher 1983 und 1984 erforscht wurde. Obwohl die Details nur skizzenhaft sind, sieht es so aus, daß diese Schacht 250m tief ist, mit einigen phreatischen Rampen ähnlich denen in "Tirolia Werke". Er scheint einige sehr brüchige Passagen zu besitzen und einen aktiven Bachlauf. Obwohl in der letzten Woche geplant war, Steinschlagschacht zu befahren, war nicht allzu viel Niederschlag nötig, um dies scheitern zu lassen. Dies Verbindung wird eine der vordringlichen Aufgaben der 1997er Expedition sein.
Viele andere Fortsetzungen im "Triassic Park" wurden zu einem Abschluß gebracht, hierzu einige Beschreibungen. "Alternative Universe" führt von einer Unterhöhlung der westlichen Wand im "Triassic Park" über "Shortage of Walls" und entwickelt sich als eine runde, 7m durchmessende Passage parallel zum "Triassic Park" über 280m, wo sie an einem kurzen Schacht mit einem kleinen Spaltenausgang endet. Diese Spalte ist sehr nah bei einer größeren Spalte in der Nähe von "Ring Piece Junction", die 1996 über 2 Schächte, "Tapeworm" (27m) und "Hammeroids" (45m) befahren wurde, ehe sie in einer kleinen, verblockten Spalte endet. "Dr. Snuggles" führt weiter zum "Alternative Universe", passiert einen gigantischen Schacht, um an einer 6m Kletterstelle über sich nur schwarz zu sehen. Nachdem der Kletterversuch gescheitert war, ignorierten einige alle Eisenbahntunnel in "Triassic Park" und machten mittels Felsbearbeitung die Wand passierbar. Zuerst sah es so aus, als ob diese Anstrengung über einen 100m langen, sehr engen Schluf in eine große Fortsetzung führte, bis den Teilnehmern klar wurde, daß sie zurück am Startpunkt im "Alternative Universe" waren.
Die andere Richtung, ausgehend von "Shortage of Walls", bringt einen zur großen "Teapot" Halle, sichtbar von "Salt Lake City" aus. Zwei Schächte im anderen Ende der Halle enden im "Rich Tea", einer 1994er Entdeckung in "France", also einer weiteren Verbindung vom "Triassic Park" zu den älteren Teilen der Höhle.
In den letzten Jahren ist sehr viel Zeit und Energie in das Sammeln aller verfügbaren Informationen über die Entdeckungen des CUCC in Österreich der letzten 20 Jahre gesteckt worden. Diese Arbeit, hauptsächlich von Andy Waddington durchgeführt, offenbarte etliche Löcher in unserem Wissen. Während der 96er Expedition wurden große Anstrengungen unternommen, um die zu korrigieren; viel Zeit wurde verwendet für das Auffinden älterer Objekte und den zugehörigen Oberflächenvermessungen. Um diese Arbeit zu unterstützen, war erstmals ein GPS Gerät im Einsatz, welches eine gute Lageermittlung für Höhleneingänge zuließ, die eine größere Strecke von den Oberflächenmesszügen entfernt lagen.
Die ständige Fortentwicklung des Standards der Höhlenvermessung des CUCCs wurde beibehalten. Sogar die Neulinge fertigten gute Arbeit mit dem Ergebnis, daß der gesamte Plan einige Monate früher als sonst üblich fertig war. Julian Haines fuhr fort in seinen Bemühungen, eine funktionierende Radioverbindung für die Kommunikation zwischen den beiden Lagerplätzen herzustellen, was ihm besser gelang als bei früheren Versuchen. Wir hatten 2 Wochen mit guter Verbindung, unter anderem mit der Mitteilung, daß das Team vom "Stairway to Hell" gesund wieder erschienen ist. Die Foto Tour war weniger erfolgreich, weil 5 Höhlenforscher 5 sehr kalte Stunden mit Herumstehen verbrachten, denn die Blitzgeräte versagten ihren Dienst. Die fotografische Dokumentation der 1996er Entdeckungen ist somit ziemlich spärlich, was 1997 ergänzt werden muß.
Es gibt immer noch einen ziemlich großen Arbeitsrückstand beim Auffinden von Höhleneingängen und Oberflächenvermessungen. Aber es gibt einen neuen Geist im Team, eine mehr systematische Vorgehensweise bei der Erkundung und Vermessung zu wählen, was jedoch keinen Einfluß auf die lockere Atmosphäre der Expedition hat. Diese neue Effektivität trat allerdings nicht allzu prägnant in Erscheinung, als das oben angesprochene GPS auf dem Berggipfel am Ende der Expedition vergessen wurde. Eine Katastrophe wurde abgewendet, weil eines unserer Mitglieder es auf dem Rückweg von Slowenien über Österreich zwei Wochen später bergen konnte.
Gemessen am Erfolg der neu gefundenen Gänge war 1996 das erfolgreichste Jahr der CUCC Österreich Expeditionen; 5,5 km Neuland wurde vermessen, wodurch die Kaninchenhöhle 19,7 km lang wurde. Das beinhaltet etwa 80 Fragezeichen, weshalb am Ende der Expedition wieder mehr Fragezeichen vorhanden waren wie zu Beginn. Die Tiefe der Höhle ist seit einigen Jahren bei 498m geblieben, allerdings gibt es gute Möglichkeiten, daß die Höhle 97 tiefer werden wird, entweder durch das Vorantreiben einiger Fragezeichen in "Interview Blues" oder durch die sehr wahrscheinliche Verbindung zum Steinschlagschacht, dessen Eingang etwa 11m höher liegt als der höchste bekannte Eingang zur Kaninchenhöhle. Die Hoffnungen sind immer noch hoch und die 1997er Expedition hat einiges, auf das sie sich freuen kann.
Das aufregendste trotz allem sind die Möglichkeiten am südlichen Ende von "Forbidden Land". Das nördlichen Ende der Schwarzmooskogeleishöhle wird ca. 200 bis 500m vom südlichsten Bereich der Kaninchenhöhle vermutet. Die Eishöhle ist bereits mit dem System der Stellerweghöhle verbunden, und die bedeutendsten horizontalen Etagen aller Systeme im Gebiet haben eine ähnliche Höhenlage, weshalb ein Zusammenschließen der Höhlen wahrscheinlicher denn je ist. Die addierte Länge der beiden Systeme wäre über 40 km, wovon der größere Teil vom CUCC erforscht wurde, und das bei einer Gesamttiefe von über 1.000m. Allerdings kann dieser Zusammenschluß auch noch einige Jahre auf sich warten lassen, bedingt durch die Gefährlichkeit des Zustiegs zum "Forbidden Land", der keine Gegend ist, wo man allzu viele Personen hinschickt, speziell keine Neulinge. Mit über 100 Fragezeichen in den leichter erreichbaren Gebieten der Kaninchenhöhle dürfte das jedoch kaum ein Problem darstellen.